Henri liebt Louise

Diese Liebesgeschichte handelt von dem waschechten Hamburger Jung Henri (man beachte die Schreibweise wie bei dem norddeutschen Publizisten Henri Nannen) und seiner frankophilen Nachbarin Louise. Ein verliebtes Dackel-Paar!

Henri leidet unter der Läufigkeit - muss er kastriert werden?

Beide sind gleich alt und wohnen seit der Welpenzeit (seit sieben Jahren) Gartenzaun an Gartenzaun. Und lieben sich sehr! Besonders liebt jedoch Henri Louise und ganz besonders liebt er sie, wenn sie läufig ist. Und da seine feine Hundenase das schon sehr früh wahrnimmt, auch schon viele Tage vor der Läufigkeit.

Weder Louise noch Henri sind kastriert und so herrscht zweimal jährlich der absolute Ausnahmezustand in der Nachbarschaft. Persönlich habe ich es noch nicht erlebt, aber Henri´s Liebeskummer scheint unglaubliche Ausmaße zu erreichen. Louise´s Frauchen fährt einige Kilometer mit dem Auto um um spazieren zu gehen, um möglichst wenig Duft in der Gegend zu verteilen und trotzdem leidet Henri im wahrsten Sinne des Wortes wie ein Hund. Und mit ihm seine Familie.

Diese stellt sich jedes Jahr erneut die Frage, ob es vielleicht besser wäre ihn zu kastrieren, um sein Leid zu lindern. Oder leidet er gar an Hypersexualität?

Was bedeutet Hypersexualität bei Rüden?

Von Hypersexualität sind hauptsächlich Zwerghunderassen betroffen. Mit Beginn der Pubertät beginnen etwa ein Viertel dieser Rüden einen zwanghaften Drang zum Besteigen von Objekten und machen bis zu 15 Minuten lang Friktionsbewegungen (die dann häufig zu Rückenproblemem führen…). Laut Literatur sind jedoch erzieherische Maßnahmen erforderlich, mit einer Kastration werden keine überzeugenden Ergebnisse erzielt.

Sollte Henri hypersexuell sein, hat seine Familie ihn gut erzogen. Er tobt sich nur manchmal an seiner Lieblingsdecke aus und hat, soweit ich weiß, auch nichts am Rücken! Und dass er sich Louise manchmal von hinten nähern möchte, ist bei dieser großen Liebe ja auch irgendwie verständlich…

Eine chemische Kastration kann nützlich sein, um zu testen, ob die Wirkung der Kastration gewünscht ist.

Kastration gegen Liebeskummer?

Ist Henri´s Liebeskummer während der Läufigkeit von Louise so schlimm, dass es für ihn besser wäre, kastriert zu sein? Diese Frage treibt die Familie um (vielleicht auch nur die  vier Frauen der Familie, meiner Meinung nach haben die meisten männlichen Hundehalter dazu eine ganz eindeutige Haltung…).  Zur Beantwortung dieser Frage lohnt sich auch ein Blick ins Tierschutzgesetz.

Eine chemische Kastration des Rüden könnte zu Ruhe in der Nachbarschaft führen

Das Tierschutzgesetz: Wann dürfen Rüden kastriert werden?

Streng ausgelegt dürfen Rüden nur mit medizinischer Indikation kastriert werden, also beispielsweise bei Kryptorchismus, Prostatavergrößerung oder Hodentumoren. Wir alle wissen, dass dies nicht der Realität entspricht. Die meisten Hunde werden kastriert, weil das Zusammenleben mit ihnen dann einfacher erscheint, sie vermeintlich leichter zu erziehen sind und weniger aggressiv auftreten und tatsächlich auch weniger „Objekte besteigen“.

Liebeskummer wird jedoch im Tierschutzgesetz nirgendwo explizit erwähnt.

Gefunden habe ich jedoch einen Hinweis der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz: „Wenn Hunde unterschiedlichen Geschlechts in einem Haushalt gehalten werden, können die Einschränkungen während der Läufigkeit der Hündin für beide Tiere höhere Belastungen bringen als die Kastration“.

Henri und Louise leben zwar nicht in einem Haushalt, aber doch sehr nah beieinander, so dass aus tierschutzrechtlicher Sicht eine Kastration vermutlich vertretbar wäre.

Also Kastration des Rüden mit sieben Jahren?

Für mich ist es unmöglich abzuwägen, wie sehr ein Rüde unter seiner läufigen Nachbarin leidet und ob dieses Leiden eine Kastration rechtfertigt. Ich habe häufig genug Probleme männliche Menschen zu verstehen, wie soll ich denn wissen, wie ein männlicher Dackel denkt und fühlt. Bei der Recherche habe ich jedoch noch einen interessanten Hinweis auf eine Studie von Maarschalkerweerd et al. aus dem Jahre 1997 gefunden: „Erstaunlich jedoch ist, dass nur ein Teil der kastrierten Rüden das Interesse an läufigen Hündinnen zu verlieren scheint und in nur 64% der Fälle nimmt das Streunen wegen läufigen Hündinnen ab.“

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Mein Rat: Lieber erst mal eine „chemische Kastration“!

Mit diesem Hintergrundwissen würde ich – wenn überhaupt – den möglichen Effekt einer Kastration erst einmal ausprobieren. Mit Hilfe eines Hormon-Chips (z.B. bestehend aus Deslorelin) kann die körpereigene Hormonproduktion des Rüden vorübergehend gedrosselt werden, umgangssprachlich nennt man das chemische Kastration. In Henri´s Fall könnte man dann eine oder zwei Läufigkeiten von Louise abwarten und gucken, ob es ihm ohne Hormone wirklich besser geht. Und was die Hormone sonst noch so mit ihm machen, denn auch bei Rüden kommt es nach Kastrationen zu Veränderungen des Fells und Gewichtszunahmen.

Oder Henri macht einfach zweimal im Jahr einen langen Urlaub.
Ich würde ihn ja auch mal ein paar Wochen zu mir nehmen, aber leider eilt ihm sein Ruf als engagierter Hühnerjäger voraus…

Liebe Grüße,
Julia

P.S. Wer gerne scharfe Fotos von einem oder sogar mehreren Hunden betrachtet, möge beispielsweise bei Genki Bulldog gucken! Die kann das!

4 Kommentare

  1. ueberraschungspakethund@googlemail.com'
    Isabella sagt:

    Wir haben uns bei unseren Rüden auch für eine Kastration entschieden – allerdings wirklich auf Anraten unseres Tierarztes.
    Dingo hatte massive Prostata-Probleme (und er war auch schon fast acht Jahre alt) … ihm hat es für seine Beschwerden geholfen, aber er hat nie aufgehört seine Versuche bei läufigen Hündinnen zu unternehmen.
    Bei Damon war es so, dass er während der Läufigkeit von Lady und danach von Laika einfach das Futtern und Trinken eingestellt hat … die ersten Male ging es noch, aber dann war es so schlimm, dass wir ihn wirklich mit Tropf und Spritzen stabilisieren mussten, weil er bei Spaziergängen umgekippt ist. Da hat die Kastration auch geholfen – und er hat auch kein besonderes Interesse mehr an läufigen Hundedamen!
    Fellveränderungen und Gewichtszunahme haben wir bei Beiden nicht bemerkt…
    Entscheiden muss hier jeder selbst – aber wir haben schon immer beschlossen in solchen Situationen auf den Rat unseres Tierarztes zu vertrauen, der auch nur ungern zum Messer greift.

    Liebe Grüße,
    Isabella mit Damon und Cara

    • Julia von Tiergezwitscher sagt:

      Liebe Isabella,
      wenn Henri´s Familie über eure Erfahrung mit Dingo liest, ist Henri bestimmt aus dem Schneider!!! Es ist ja immer noch etwas anderes, ob man von irgendeiner Studie hört oder es ein Beispiel aus dem „echten Leben“ gibt!
      Liebe Grüße, Julia

  2. daniela.antoni@gmx.de'
    Danni sagt:

    Hallo Julia, meinen ersten Rüden musste ich, medizinisch indiziert, kastrieren lassen, da Epilepsie vorlag. Nun weißt Du es ja sicherlich auch, bei Settern führt das Kastrieren zum Explodieren der Haarpracht. Ich hatte also einen geheilten Bobtail zu Hause sitzen;-). Leider hatte sich sein Gemüt auch mitverändert und ich hoffe für Henri es geht gut für ihn aus. So oder so. Danke für den spitzen Beitrag.
    LG Danni & die Setterjungs

    • Julia sagt:

      Liebe Danni,
      ich habe den Eindruck, Henri behält seine Hoden… Danke für das schöne Kompliment zum Artikel!
      LG,Julia

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