Glucken-Glück: Tag 14 – Zeit zum Schieren

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Theoretisch kann man bebrütete Eier ab dem 7. Tag schieren. Beim Schieren wird das Ei durchleuchtet und befruchtete Eier können von unbefruchteten oder abgestorbenen Eiern unterschieden werden. Denn obwohl ich Bruteier gekauft habe, weiß ja niemand wirklich genau, ob jedes einzelne Ei wirklich befruchtet ist – es ist nur sicher, dass ein Hahn mit den Hühnern gelaufen ist. In der Mitte eines befruchteten Eies wird beim Schieren am 7. Tag der Keim sichtbar, der von feinen Äderchen umgeben ist. Je nach Zeitpunkt der Untersuchung präsentiert sich im Ei ein anderes Bild. Unbefruchtete Eier sollten aus dem Nest genommen werden, damit die restlichen Eier mehr Platz und bessere Brutbedingungen haben.

Das Schieren haben Uta und ich mal in der Tierärztlichen Hochschule gelernt und geübt. Wir saßen in einem klimatisierten, abgedunkelten Raum mit einem netten Assistenten der Klinik für Geflügel. Hübsch angezogen in weißen Kitteln haben wir uns Eier verschiedener Bebrütungsdauer aus einem Brutschrank genommen, mit einer professionellen Schierlampe durchleutet und das sich uns zeigende Bild mit einem übersichtlichen Poster an der Wand verglichen. Es war ein netter Nachmittag und ich war mir damals ziemlich sicher, dass ich das noch nicht mal in der Prüfung wiederholen müsste.

Praktisch sah das Ganze dann 18 Jahre später so aus: Seit 7 Tagen wartete ich darauf, dass sich die Glucke mal von ihrem Nest erheben würde. In diesen Tagen hatte ich wiederholt youtube-Videos über das Schieren von Eiern betrachtet und meine extra starke Taschenlampe allzeit bereit.

Heute nach dem Mittagessen war es dann so weit, die Henne machte ihre tägliche Runde im Auslauf. Ich rannte in den Garten, kletterte in den Hühnerstall, der bei uns etwa 1,20 Meter hoch hängt, und sperrte den kleinen Eingang zum Auslauf mit einem Küchenbrett ab. Zum Schieren muss es möglichst dunkel sein, aber die Tür konnte ich leider nicht hinter mir schließen (meine Beine hingen noch raus) und das Fenster auch nicht mal eben verdunkeln. Kurze Zeit später bemerkte Polly, dass ich mich an ihren Eiern zu schaffen machte und begann ein Höllenspektakel. Sie rannte die Hühnerleiter in einem Affentempo hoch und runter und war dabei sehr laut. Dann kam unser 4-Jähriger mit dem Telefon in der Hand, konnte leider nicht eine einzige Sekunde Geduld haben mit der Frage, wann er mit seinem Freund spielen kann, und begann auch zu schreien. Währenddessen versuchte ich behutsam ein Ei nach dem anderen zu durchleuchten. Und meine Schweißausbrüche zu kontrollieren. Und nicht auch noch zu schreien.

Bruteier

Meine persönlichen Schlussfolgerungen dieser Aktion: Alle unsere Eier haben eine Luftblase, die im Nest und auch die in der Küche (mit anderen Worten: ich habe NICHTS gesehen). Das Schieren wird völlig überbewertet und führt nur zu Stress bei Henne und Halter. Geduld ist eine Tugend, wir pflegen diese Tugend und warten geduldig ab, was in 7 Tagen aus diesen Eiern schlüpft. Und hätte ich mal im Studium bloß besser aufgepasst…

Erschöpfte Grüße,
Julia

Anton-im-Nest

Damit hatten wir zwischenzeitlich auch zu kämpfen: Anton (4-Jährige wollen einfach das das eigene Huhn wie der beste Freund heißt) wollte partout ihre Eier zu Polly ins Nest legen. Die Lösung war ein noch schöneres, weicheres und bereits mit vielen Eiern ausgestattetes Nest GENAU daneben zu bauen. Jetzt habe auch ich verstanden, warum gluckende Hennen nach Möglichkeit vom Rest der Hühner getrennt werden sollten.

4 Kommentare

  1. julilehh@aol.com'
    ️Jule sagt:

    oh herrlich! Ich bin ehrlich gesagt echt gespannt und war beim Lesen des Teils mit der „Luftblase“ ein bissschen enttäuscht.
    Aber nun übt sich auch Volksdorf in Geduld! Ok!
    VG

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