Hühner, Habicht und anderer Horror

Mit den Hühner läuft es bei uns seit langer Zeit derzeit irgendwie gar nicht gut.

Der Frühling begann vielversprechend mit einer geduldigen Glucke und zwei entzückenden Küken.

Während dieser Phase waren zumindest drei von vier Familienmitgliedern so im Glück mit den Hühnern, dass wir ohne großes Nachdenken wieder Eier (zu-)kauften, um auch mal wieder eins zu ESSEN. Auch für die anderen Hühnerdamen war es schließlich alles sehr aufregend, da konnte man das Eierlegen schon mal vergessen.

Humpelndes Huhn

Dann starb Anton und wie sich heraustellte war sie die Einzige, die ab und zu noch ein Ei gelegt hatte. Eines Mittags lag dann noch die Glucke tot im Gehege. Die Küken waren da schon etwas größer und orientierten sich schnell an unserer Oma – die daraufhin aufblühte und kurzzeitig in die Eierproduktion ging. Das Hahn-Küken wurde zu 13 wilden Hennen vermittelt und das Hennen-Küken (inzwischen auf Pünktchen getauft) legte ein Ei – ein sehr kleines Ei. Und danach legte sie nie wieder ein Ei.

Lohmann Brown – eine robuste Rasse für die Freilandhaltung von Hühnern?

Der Mann des Hauses wurde zunehmend ungehaltener („Haben wir diese Hühner nur, damit sie auf die Terasse sch…..?“) und ich beschl0ß von Schönheit und Grünlegern Abstand zu nehmen und zwei ganz ordinäre Legehennen zu besorgen.

Huhn auf der Haustürschwelle

Als ich diese auf einem nahe gelegenen Bauernhof abholte, wurde mir noch ein drittes Huhn mitgegeben, weil es humpelte und in der großen Hühnerzahl keine Lebenschance hätte. Die neuen jungen Hühner waren zwar gerade erst 21 Wochen alt, aber bereits am nächsten morgen hatten wir zwei frische Eier und die Hühnerstimmung stieg in der gesamten Familie.

Zwei Tage später kam der Habicht. Er erwischte eines der neuen Hühner und fraß den halben Flügel bis wir den Tumult bemerkten. Das arme Huhn versteckte sich einen Tag lang im Stall, fraß dann aber normal weiter und hüpfte durch das Gehege. Natürlich habe ich die Wunde ordentlich versorgt, aber ich lag doch abends länger wach und überlegte, ob es richtig ist, das Huhn so weiter laufen zu lassen oder ob ich vielleicht den richtigen Zeitpunkt für Sterbehilfe verpasst hatte.

Währenddessen begannen die Habicht-Abwehrmaßnahmen

Das gesamte Gehege wurde mit einem Netz überspannt. Es war damit ungefähr einen Meter hoch. Vom Eingang des Geheges bis zum Eingang des Hühnerhauses liegen geschätzte 7 Meter. Und gefühlte 20 Meter, die ich nun jeden Abend halb kriechend zurücklegen musste, um mich um das humpelnde Huhn zu kümmern.

Humpelinchen kam zwar unsere steile Hühnerleiter runter, aber nicht wieder hoch. So wartete sie geduldig bis ich sie abends hochsetzte und stürzte sich dann aufs Futter. Draußen haben wir wegen der Nähe zum Bach und den Ratten keinen Napf und das Gehege gibt um diese Jahreszeit und bei nur einem Quadratmeter Lebensraum (mehr schaffte sie am Tag nicht mit ihrem Humpelbein) ja nicht mehr so viel her, jedenfalls hatte sie abends immer großen Hunger. Ab dem vierten Tag kam sie mir jeden Abend entgegen gehumpelt. So ein nettes Huhn.

Was tun mit dem humpelnden Huhn? Osteopathie?

Fast alle Familienmitglieder hatten Humpelinchen inzwischen ins Herz geschlossen. So richtig festhalten für eine genaue Untersuchung konnte sie mir allerdings keiner, so dass ich mich auf dem Weg zu einer niedergelassenen Kollegin machte. Ziemlich schnell war klar, dass das Kniegelenk nicht beweglich ist und auf dem Röntgenbild wurde deutlich, dass dieses vermutlich schon in der Küken-Zeit schwer geschädigt wurde. Therapiemöglichkeiten: Fehlanzeige.

Röntgenbild Huhn

Während ich für 48 Stunden verreiste und grübelte, was wir nun mit dem humpelnden Huhn anstellen könnten, schlug der Habicht zu Hause wieder zu; er fand eine Lücke an der Seite des Netzes. Leider löste sich damit nicht das Humpel-Problem, sondern er fraß das andere Huhn zu Ende. Weitere Hühner wurden vermutlich nur durch das beherzte Eingreifen unserer Elfjährigen gerettet, die mit einem Knüppel auf den Habicht losging und die noch lebenden Hühner in den Stall sperrte.

Das Netz wurde daraufhin an den Seiten verstärkt. Leider vollkommen vergeblich, denn am nächsten Tag versuchte der Habicht sein Glück erneut und wollte das Humpelinchen DURCH das Netz fressen. Auch dieses Mal wurde er unterbrochen.

Verstärkte Sicherheitsmaßnahmen gegen den Hühnerhabicht

Durch häufige und aufgeregte Telefonate wurde ich über die Ereignisse auf dem Laufenden gehalten. Nach meiner Rückkehr spannte ich eine feste, grüne Bauplane über das Gehege. Es war mühsam und matschig – und vollkommen sinnlos, denn die Vorläufer von „Sturmtief Nils“ machten die stundenlange Arbeit innerhalb der ersten Nacht zunichte.

Seit diesem Zeitpunkt laufen die Hühner wieder  im ganzen Garten, denn da können sie sich wenigstens unter den Büschen verstecken. Das ist nur leider keine langfristige Lösung für meinen Ehemann und das humpelnde Huhn.

Und das humpelnde Huhn?

Das arme Humpelchen hat tatsächlich nur einen Bewegungsradius von einem Quadratmeter und kann sich nicht mal alleine im Stall in Sicherheit bringen. Also musste ein neues, ebenerdiges Heim her. Diese wurde auch im Bekanntenkreis schnell gefunden – aber bereits nach 24 Stunden wurde klar, dass auch dies keine langfristige Lösung ist. Die anderen Hühner dort sind ihr nicht besonders wohlgesinnt und sie schafft dort auch nicht die kleine Schwelle in den Stall. Außerdem ist der neue Hühnerhalter Nuklearmediziner und hat sich die Röntgenbilder nochmals genauer betrachtet: das mutmaßlich gesunde Kniegelenk ist bereits so arthrotisch verändert, dass sie Schmerzen leiden muss. Nun ist hier also Sterbehilfe angesagt. Und ich finde, das hätte eigentlich der Habicht für mich erledigen können.

Huhn ohne Habicht

Neue Ideen zur Habicht-Afbwehr

Zu retten bleiben nun noch eine alte Oma, ein schönes Huhn, das leider bisher nur ein winziges Ei gelegt hat, und ein Huhn, das seine Begleiterinnen verloren hat und sehr anhänglich ist. Wir können derzeit nur bei Dunkelheit lüften, da sie durch jedes offene Fenster und jede Tür sofort ins Haus spaziert. Sie wurde bereits auf dem Sofa, in der Waschküche und im Kofferraum gesichtet.

Zur Sicherung des Geheges vor dem Habicht habe ich mir nun Folgendes überlegt – es ist ja schließlich bald Weihnachten:

Habichtabwehr mit Lametta

Kreuz und quer gespannte, mit Lametta geschmückte Wäscheleinen. Mal sehen, ob das klappt. Vielleicht freut sich der Habicht auch nur über einen geschmückten Weihnachtsbraten. Oder im Frühling haben alle Vogelnester plötzlich einen Glamour-Faktor.
Für bessere Vorschläge bin ich weiterhin dankbar – bitte ohne Angriffsfläche für Wind und keine Regen-Auffang-Becken.

Sollten die verbliebenen Hühner jemals wieder Eier legen, rechne ich mir lieber nicht den Stückpreis aus. Ist ja auch ein tolles Hobby, diese Hühnerhaltung….
Nächstes Jahr will ich mit der Imkerei beginnen und muss ich inzwischen beim Frühstück fragen lassen, ob ich denke, dass ich ein oder vielleicht sogar eineinhalb Gläser Honig im Jahr ernten werde.
Frustrierte Grüße,
Julia

P.S. Aus alter Tradition haben wir mit unseren Freunden letztes Wochenende Thanksgiving gefeiert und genüsslich 4,8 kg Truthahn verspeist. Man braucht sich doch eigentlich nicht zu wundern, dass die Welt so ein Chaos ist, wenn das eigene Handeln schon so absurd ist. Für 1,2 kg Huhn mache ich mich halb verrückt…

P.S.P.S Falls jemand diesen ewig langen Beitrag bis zum Schluss gelesen haben sollte: Brauchen wir eine neue Kategorie namens „Therapeutisches Schreiben“?

Huhn im Waschbecken

7 Kommentare

  1. liliana.weiberlenn@icloud.com'
    Lili sagt:

    Liebe Julia!
    Dieser Beitrag hat mich nicht nur zum Kaputtlachen animiert, sondern ich fühlte mich doch gezwungen endlich mal einen Kommentar zu schreiben..;)
    Du Ärmste!!
    Du bist wirklich sooo eine liebe Hühnermami!!
    Ich erzähl jetzt mal lieber nicht, über wieviele Eier wir uns jeden Tag freuen..
    Gib‘ bitte nicht auf!
    Liebe Grüsse
    Lili

    • Julia sagt:

      Es kommt noch schlimmer: Heute mittag war kein einziges Huhn mehr da! Ich habe gründlich gesucht und irgendwann aufgegeben – nicht mal eine Feder in Sicht. Stunden später rief ein Nachbar von vielen Häusern weiter an, ob ich nicht mal meine Hühner ins Bett bringen möchte. Grrrr!!!

  2. lehmkuhl.muenchen@t-online.de'
    Nobs sagt:

    Die SZ schreibt heute von einer Künstlerin Kristina Buch, die in einem Projekt das Zusammenleben mit einem Huhn in Paris dokumentierte.
    Habe an Euch gedacht.

    Schöne Grüße aus Oberbayern

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