Ich ärgere mich. Schon wieder habe ich heute morgen die Kamera zuhause vergessen, als ich in den Stall zum Pferd fuhr. Dort hätte ich nämlich viele Fotos von vollgesch…. Hinterbeinen und verklebten Schweifen machen können. Einige Pferde setzen leider seit ein paar Wochen mehr oder weniger dünnen Kot ab anstatt schön geformter Pferdeäpfel. Mein Pferd gehört zum Glück (noch?) nicht dazu. Die Besitzer sind verzweifelt. Zum einen ist es eine echte Sauerei, zum anderen machen sie sich wirklich Sorgen. Und nichts scheint dagegen zu helfen. Ein Grund für mich, mich näher mit dem Thema Kotwasser, freies Kotwasser bzw. Durchfall zu beschäftigen.
Definitionen Kotwasser, freies Kotwasser und Durchfall
Von freiem Kotwasser spricht man, wenn neben geformten Pferdeäpfeln eine bräunlich bis schwarze Flüssigkeit ausgeschieden wird. Meistens rinnt sie nach dem Kotabsatz an den Hinterbeinen hinab. Das sieht nicht nur unappetitlich aus, die jauchige Flüssigkeit kann auch dazu führen, dass sich die Haut auf Dauer entzündet. Kotwasser kann aber auch in gebundener Form auftreten, dann ist der Kot nicht mehr geformt, sondern platscht in weichen Haufen hinab. Meistens sind in dem Brei Fasern des Raufutters zu entdecken. Wenn die Haufen auch häufiger als normal abgesetzt werden, spricht man von Durchfall. Der Begriff Durchfall beschreibt erstmal nur das Symptom, er gibt noch keinen Aufschluss auf die Ursache. Im allgemeinen Sprachgebrauch setzt man Durchfall häufig direkt mit Darmerkrankung gleich, das ist aber nicht richtig. Hinter Durchfall können viele Ursachen stecken und längst nicht alle sind krankhaft.
Mögliche Ursachen für Kotwasser
Viele Ursachen werden für das Auftreten von Kotwasser verantwortlich gemacht. Und es ist höchst wahrscheinlich, dass es noch einige unbekannte Auslöser gibt. Treten mehrere Faktoren auf einmal auf, potenzieren sie sich.
Die Wassermenge, die Pferde pro Tag mit dem Kot ausscheiden, kann abhängig von der Fütterung stark variieren: Pferde geben täglich zwischen einem halben und 3,5 l Wasser / 100kg Körpergewicht mit dem Kot ab. Je schlechter verdaulich das Futter ist, umso höher ist die Kotmenge und die Wasserabgabe. Das ist grundsätzlich erstmal unproblematisch, solange das Wasser im Kot gut gebunden wird. Wird es das nämlich nicht, so tritt es als freies Kotwasser auf. Man geht also bei Kotwasser davon aus, dass die Wassermenge im Kot nicht großartig vermehrt ist, sondern dass es einfach schlechter gebunden wird (Bei Durchfall sieht das schon anders aus). Dagegen ist es bislang nicht erforscht, ob eine verminderte Aufnahme von Wasser im Darm, also eine Wasserresorptionsstörung, z.B. durch eine Darmentzündung, auch eine Rolle bei der Entstehung von Kotwasser spielt. Diesen Bereich der Darmerkrankungen möchte ich hier außer acht lassen, aber denkt bitte daran, das durch euren Tierarzt abklären zu lassen, sollte euer Pferd anhaltend wasserreichen Kot absetzen! Auch Parasiten möchte ich hier nicht weiter besprechen. Verwurmung führt aber auch eher selten zu Kotwasser. Durchfall oder Verstopfung können hingegen auftreten.
Man geht also in erster Linie davon aus, dass nicht-krankhafte Ursachen für Kotwasser verantwortlich sind. Folgende Faktoren sollte man in Betracht ziehen:
- Stress: Viele Pferde neigen dazu, auf Stress sofort mit häufigen, weichen Häufchen zu reagieren. Das kennt man z.B. vom Turnier oder Hängerfahren. Stress kann aber auch anhaltender Natur sein. Das rangniedrigste Pferd einer Gruppe kann Dauerstress haben, ein Pferd, das überfordert oder unterfordert wird, der Chef der Gruppe, der immer das Futter verteidigen muss, das Pferd im neuen Stall, unter schlechten Haltungsbedingungen usw.
- Fütterung von Heulage oder Grassilage: Vermutlich verursacht die Fütterung von Heulage oder Grassilage gar nicht so häufig Kotwasser, wie ihr angedichtet wird. Man nimmt allerdings an, dass ein erhöhter Blattanteil der Silage im Vergleich zum Heu zu einer schlechteren Wasserbindung führt. Andere vermuten, dass es beim Eiweißabbau während der Silierung zur Bildung von Stoffen kommt, die die Wasserbindung nachteilig beeinflussen. So gesehen kann es schon sein, dass einige Pferde bei Silagefütterung dünner koten. Besonders beachten sollte man bei Silagefütterung auch, dass Silage nachgärt, sobald die Folie entfernt wurde. Das kann wiederum zur Bildung von Hefen führen, die dann Koliken auslösen können. Daher sollte Silage immer innerhalb weniger Tage verbraucht werden, bei warmen Außentemperaturen spricht man sogar nur von einer Haltbarkeit von 24 Stunden.
- Uneingeschränkte Heufütterung: Seltsamerweise zeigen Pferde, die ständig Zugang zu Heu haben und wenig Kraftfutter bekommen, häufiger Kotwasser. Das verstehe ich zwar nicht und die Wissenschaft hat dafür wohl auch keine Erklärung, aber es scheint besser zu sein, wenn man die tägliche Heumenge auf 1,2-1,5 kg /100kg Körpergewicht beschränkt.
- Zahnprobleme: Jede Beeinträchtigkung der Kautätigkeit führt zu einer schlechten Zerkleinerung der Fasern und damit zu einer schlechteren Wasserbindung. Das ist nun wiederum sehr logisch.
Maßnahmen bei Kotwasser
Grundsätzlich überprüft man erstmal wieder selbstkritisch die Haltung. Stressfaktoren abbauen, Fütterung optimieren, als ob das immer so einfach ginge, weiß ich doch. Aber schön wäre es trotzdem… Die Zähne lässt ja heutzutage sowieso fast jeder regelmäßig kontrollieren.
Fütterungstechnisch kann man auch einiges versuchen:
- Umstellung von Silage auf einwandfreies Heu (ist bei uns im nassen Norden gar nicht so einfach zu bekommen) in der oben angegebenen Rationierung.
- Zugabe einer leicht verdaulichen Rohfaser soll sich günstig auf die Entwicklung der Darmflora auswirken:
- Flohsamen
- Lignocellulose (Vermutlich erhöht Lignocellulose die Wasserbindung direkt, ohne wirklich auf die Darmflora zu wirken)
- Pektine (z.B. Rübenschnitzel, Möhren) Melassierte Rübenschnitzel werden in einer Menge von 15% der Gesamtration eingesetzt (Achtung! Nur vollständig eingeweicht verfüttern! Ansonsten Schlundverstopfung!). Möhren kann man z.B. als getrocknete Möhrenchips (20-50g / 100kg Körpergewicht) verfüttern, dann scheinen sie das Wasser zusätzlich durch den Quelleffekt zu binden. Möhren enthalten aber auch antibakterielle Inhaltsstoffe, wie schon bei der Moro’schen Möhrensuppe erklärt.
- Probiotika: Der Effekt von Probiotika ist nach meinen Quellen eher gering. Ich persönlich glaube auch nicht an die Wirkung. Aber wer möchte, kann es gerne versuchen!
- Kraftfutter: Kraftfutter wirkt wasserbindend. Aber dem Einsatz von Kraftfutter sind ja bekanntlich natürliche Grenzen gesetzt…
Tja, und da bin ich auch schon mit meinem Latein am Ende. Falls jemand noch Tipps hat, gerne her damit. Kotwasser scheint ein weit verbreitetes Problem zu sein, gerade zu dieser Jahreszeit.
Liebe Grüße
Uta
P.S. Vielleicht ist es doch nicht so schade, dass ich die Kamera zuhause vergessen habe… Als Ersatz bekommt Ihr nämlich einen herausgeputzten Pferdehintern anlässlich einer goldenen Hochzeit!