Allergien beim Hund

Labrador leiden besonders häufig an Allergien

Nicht nur vielen Menschen juckt derzeit wieder die Nase, auch in der Praxis werden vermehrt Hunde mit Juckreiz vorgestellt. Dafür kann es natürlich viele, viele Gründe geben:

  • Parasiten
  • Viren
  • Pilze
  • Bakterien
  • Medikamente
  • Tumoren
  • psychogene Ursachen
  • Störungen des Immunsystems
  • und, und, und…

Ich schreibe das absichtlich in einer Aufzählungsliste um deutlich zu machen, dass es wirklich sehr viele Gründe für Juckreiz gibt und nicht jeder Hund mit Juckreiz gleich ein Allergiker ist!
Manchmal hat man „Glück“ und findet sehr schnell ein Floh oder Pilze, sehr häufig ist allerdings eine aufwändige, langwierige und leider teure Diagnostik notwendig, um den oder die Auslöser für Juckreiz zu finden. Erst wenn all die oben genannten Ursachen ausgeschlossen wurden, kann man von einer Allergie sprechen, die Tierärzte sprechen deswegen auch von einer Ausschlussdiagnostik. Dazu gehört, dass (teilweise wiederholt) Proben genommen und untersucht (und bezahlt) werden müssen.

Erst wenn alle oben genannten Möglichkeiten ausgeschlossen wurden, kann man von einer Allergie ausgehen. Und dann muss man leider noch unterscheiden, ob eine Allergie gegen Futterbestandteile oder ein Umgebungsallergen (Pollen, Waschmittel… die Liste kann endlos fortgeführt werden) vorliegt. Auch hier kann man Glück haben und der Hund zeigt Symptome nur zu bestimmten Jahreszeiten und gibt so bereits eine „Allergie-Richtung“ vor, meist muss man jedoch auch hier eine Ausschlussdiagnostik durchführen.

Futtermittelallergie

Als erstes versucht man dann herauszufinden, ob es sich um eine Allergie gegen ein Futtermittel handelt. Dazu gibt es verschiedene Tests: Blutuntersuchungen, Patch Tests auf der Haut u.v.a.  Sie hören sich vielversprechend an, sind aber leider lange nicht so zuverlässig und aussagekräftig wie eine Eliminationsdiät – dem „Goldstandard“ in der Diagnostik bei einem Verdacht auf Futtermittelallergie.

Was ist eine Eliminationsdiät?

Bei einer Eliminationsdiät werden dem Hund über 8 oder (leider) sogar 12 Wochen nur unbekannte Futtermittel gefüttert, also beispielsweise Känguruh oder Kamel mit Quinoa. Diese Diät kann selbstgekocht werden, es gibt jedoch auch kommerziell erhältliche Futtermittel. Und sogar Insekten-Protein-Diäten oder hydrolysierte Diäten, bei denen die Proteine „unschädlich“ gemacht sein sollen.
Wenn man im Internet ein bisschen liest, wird man zu allem positive und vor allem viele negative Kommentare finden: „bloß keinen Büffel füttern, da gibt es eine Kreuzkontamination zum Rind“, „Insekten-Protein-Diäten und hydrolysierte Diäten werden in den gleichen Futtermittelwerken hergestellt wie normale Futtermittel und sind verschmutzt“ usw. Ich denke, man muss sich für einen Weg entscheiden und diesen dann KONSEQUENT durchziehen. Und konsequent bedeutet, dass der Hund NICHTS anderes bekommt als dieses Futter. Alle Familienmitglieder und Nachbarn müssen mitmachen, der Hund darf nicht auf dem Spaziergang mal kurz irgendwo auch nur „probieren“ und wenn mehrere Tiere im Haushalt leben, müssen sie alle mit diesem Futter ernährt werden, da bereits das Auslecken eines leeren Futternapfes der Katze den ganzen Aufwand zunichte macht.
Konsequent zu bleiben ist besonders schwierig, da erst nach 4 Wochen mit einer Besserung der Symptome zu rechnen ist, manchmal auch erst Wochen später.

Wenn bei konsequenter Diät nach 8 bis 12 Wochen keine Besserung der Symptome eingetreten ist, kann man von einer Reaktion auf Umgebungsallergene ausgehen, s.u.

Kommt es zu einer teilweisen Verbesserung, kann eine Allergie gegen Umgebungsallergene UND/ODER Futtermittelallergene vorliegen. In diesem Fall führt man eine so genannte Provokation durch: man gibt dem Hund (für max. 14 Tage) ein „altes Futtermittel“. Kommt es zu einem Rückfall, spricht dies für eine Futtermittelallergie, ohne Rückfall geht man von der Allergie gegen Umgebungsallergene aus, s.u.

Kommt es nach einer Eliminationsdiät zu einer vollständigen Besserung der Symptome, kann man von einer Allergie gegen Bestandteile im Futter ausgehen. Allerdings muss man auch dann noch die oben erwähnte Provokation durchführen, um ganz sicher zu sein. Und auch wenn der gesunde Menschenverstand sich gegen diese Provokationsprobe sträubt: ohne diese bleibt die Diagnose unbestätigt. Und man provoziert die Allergie im Idealfall nur ein klein wenig, sobald erneut Symptome auftreten, wird das Futter natürlich sofort abgesetzt. Dann kann man höchstens noch mit den einzelnen Komponenten des Futters experimentieren 😉

Allergie gegen Umgebungsallergene

Wenn nach einer 12-wöchigen Eliminationsdiät keinerlei Besserung der Symptome eingetreten ist ODER sich eine teilweise Verbesserung nicht durch die Gabe eines „alten Futtermittels“ verschlechtert, kann man von einer Allergie gegen Umgebungsallergene ausgehen.
Um herauszufinden, welches Allergen den Juckreiz auslöst, gibt es verschiedene Möglichkeiten:

Bei einem intradermalen Allergietest wird die seitliche Brustwand geschoren und per Injektion kleine Mengen von häufigen Allergene injiziert, hier gibt es ein gutes Bild davon. Die Reaktion der Haut wird in bestimmten Zeitabständen abgelesen und mögliche Allergene so identifiziert. Der Hund muss für diese Untersuchung meist in Narkose gelegt werden.

Alternativ kann eine serologische Untersuchung des Blutes durchgeführt werden. Dabei wird untersucht, ob der Organismus Antikörper gegen bestimmte Allergene gebildet hat. Allerdings tauchen tauchen bei dieser Untersuchung viele „falsch positive“ Ergebnisse auf: viele Hunde haben Antikörper gebildet, diese sind allerdings nicht Auslöser der Symptome.
Auf diese Weise können natürlich auch Antikörper gegen Futtermittel nachgewiesen werden, aber auch hier gibt es sehr viele falsch positive Ergebnisse, so dass eine Eliminationsdiät vorzuziehen ist.

Allergie gegen Umgebungsallergene – und nun?

Wenn eine Allergie gegen ein oder mehrere Umgebungsallergene nachgewiesen werden kann, bleibt die Frage, was dagegen hilft. Denn es macht ja wenig Sinn diesen wochenlangen und kostenintensiven Aufwand zu betreiben und am Ende doch mit Apoquel oder Kortison weiterzubehandeln.

Immuntherapie (ASIT, Hyposensibilisierung)

Eine Allergen-spezifische Immuntherapie ist derzeit die einzig mögliche Behandlungsmöglichkeit bei einer nachgewiesenen Allergie auf Umgebungsallergene. Dabei wird dem Hund regelmäßig und lebenslang eine kleine Menge Allergen (meist) unter die Haut gespritzt. Verschiedenen Untersuchungen zufolge werden 15% der Hunde symptomfrei, bei 50% der Hunde bessern sich die Symptome um die Hälfte.

Medikamente während der Eliminationsdiät oder Allergietests?

Viele Hund leiden so unter dem Juckreiz, dass sie bereits eine medikamentöse Linderung erhalten. Glukokortikoide (Kortison), Apoquel oder Cytopoint sind häufig angewandte Arzneimittel, die natürlich aber auch einen Einfluss auf die Allergietests haben. Idealerweise liegt die letzte Einnahme eines Medikaments bereits einige Wochen zurück, bei sehr starkem Juckreiz ist dies jedoch nicht immer möglich. Apoquel könnte man deswegen im Notfall bei einer Eliminationsdiät noch in den ersten vier Wochen geben und dann absetzen.. Bei Kortison-Gaben hängt es stark davon ab, ob der Wirkstoff als Creme (lokal) oder als Tablette (systemisch) gegeben wird, welche Wartezeiten eingehalten werden sollten – besonders wenn Blutuntersuchungen durchgeführt werden. Deswegen bitte jedes Medikament ausführlich mit dem Tierarzt besprechen!

Viele Grüße, Julia

PS Für viele Fotos war diesmal irgendwie keine Zeit 🙁